St. Christophorus
Die St. Christophorus-Gemeinde im Ortsteil Eichholz gehört zur Vorstadt St. Gertrud. Bis 1945 war die Gegend am Ostrand Lübecks, an der Grenze nach Mecklenburg, sehr dünnbesiedelt. Kirchlich wurden die Bewohner vom dritten Pfarrbezirk der St. Gertrud Gemeinde versorgt. Da der Weg zur Gertrudkirche sehr weit war, gingen die Eichholzer gern nach Hermburg, dessen schöne Dorfkirche näher lag. Neben einer Reihe von Siedlerstellen lagen im Bereich des jetzigen Eichholz zwei Stadtgüter, der Hof Kaninchenberg, malerisch auf einer Halbinsel an der Wakenitz gelegen, und der Hof Brandenbaum direkt an der Grenze nach Mecklenburg. Dieser Hof hat der Gegend in ihrem stadtnahen Teil den Namen gegeben.
Kurz vor dem Krieg und im Krieg veränderten mehrere Bauvorhaben den Charakter des Vorortes. Für die Arbeiter der Schlutuper Werke wurden im alten Eichholz Ziegelhäuser errichtet, für ausgebombte Familien. Die grauen Häuser, die die Bewohner inzwischen ansprechend modernisiert haben, liegen in den Straßen Im Musennest und Im Eulennest. Schließlich entstanden als Dankesgabe des finnischen Staates die Holzhäuser der Finnlandsiedlung. Dazwischen lagen große Lager für Kriegsgefangene, das Steinlager und das spätere DRK-Lager. Mit Ende des Krieges kamen viele Flüchtlinge und Vertriebene aus Pommern, Danzig-Westpreußen und Ostpreußen nach Eichholz. In verlassenen Lagern und halbfertigen Neubauten suchten sie eine Bleibe. So entstand ein Ortsteil mit sehr gemischter Wohnbevölkerung.
Die kirchliche Arbeit begann mit einem vierten Pfarrbezirk für St. Gertrud. Die Gottesdienste fanden zunächst in der Veranda des Herrenhauses Kaninchenberg statt, später in einer Baracke in der Straße Im Fuchsloch, die den Namen St. Johannis-Brandenbaum trug. Ein reges Gemeindeleben konnte sich entfalten. Nach Gründung der St. Thomas-Gemeinde bildete Eichholz ab 1952 für eine Übergangszeit deren zweiten Pfarrbezirk.
Ein großer Tag für Eichholz war am 31. Oktober 1954 die Einweihung der Kirche mit Gemeindesaal, Pastorat und Kindergarten in der Schäferstraße. Da es in Lübeck bereits eine Johanneskirche gab, erhielt die Kirche den Namen St. Christophorus. Christophorus, der Christusträger, ist Sinnbild des Christen, der die Lasten anderer mitträgt und von Christus selbst getragen wird. 1955 wurde St. Christophorus auch rechtlich eine selbständige Gemeinde.
Das Gemeindezentrum in der Schäferstraße nach Plänen von Heinz Bahr ist wie eine Hofanlage auf einem Rundhügel erbaut. Wie ein Wall umgibt er den Innenhof: mit der Kirche im Westen, dem Pastorat im Norden und der Kindertagesstätte im Osten. Nach Süden ist die Anlage offen. Hier führt eine breite Freitreppe zum Eingang der Kirche hinauf. Der von den Gebäuden umgebene Innenhof ist ein idealer Festplatz der Gemeinde, auch ein Spielplatz für die Kinder. Schon auf alten Karten ist der Hügel eingezeichnet und als Schanze bezeichnet.
Die Kirche selbst ist ein schlichter Bau, der die Kargheit der Erbauungszeit erkennen lässt. Betonbögen tragen das Dach. Bausteine der Zeit, aus Kalk und Schlacke, bilden die Wände zwischen den Bögen, die dem Raum eine bergende Wirkung geben und an die Behelfsunterkünfte der Erbauungszeit erinnern. Trotz unterschiedlicher Herkunft der Menschen wuchs aus gemeinsamer Not eine Gemeinde. Zwischen 1990 und 1992 wurden Kirche und Gemeindesaal renoviert beziehungsweise erweitert.
Da im Ortsteil weiter gebaut wurde, kam eine zweite Pfarrstelle hinzu, am Huntenhorster Weg ein neues Gemeindezentrum. Die zweite Kindertagesstätte hat hier ihre Räume. Ein drittes Gemeindezentrum, das Ansverushaus, steht am Mercatorweg. Es dienst der diakonischen Arbeit. Seit 1989 bestehen wieder enge nachbarliche Beziehungen zur Gemeinde von Herrnburg/Mecklenburg.
(Konrad Dittrich - 850 Jahre Kirche in Lübeck)